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Karl Schiffner

Weltmeister der Biere

Karl Schiffner im Interview


„Oft ist Bier sogar die bessere Wahl“

Das Gasthaus von Karl Schiffner ist im Mühlviertel von Oberösterreich eine Attraktion. Denn der Restaurant-Chef ist Biersommelier-Weltmeister! Und er kann über Bier ins Schwärmen, ja glatt ins Überschäumen, geraten. Wir haben ihn besucht und interviewt.

Herr Schiffner, wie sind Sie zum Bier gekommen?
Hier, im Mühlviertel in Oberösterreich, wächst man quasi mit Bier auf, die Leute trinken viel mehr Bier als Wein. Allein in Oberösterreich kennen wir 46 Brauereien, von großen bis zu kleinen Einmannbetrieben.Ursprünglich wollte ich ins Hotelgewerbe, dann erbte ich 1987 von meinen Eltern das Gasthaus hier in Aigen und wollte es weiterführen. Ich schätze auch guten Wein sehr, aber das Schöne am Bier ist hier für mich: Es ist ein regionales Produkt – aus den guten Zutaten, die hier gedeihen, wie Hopfen und Weizen.

Kochen Sie in Ihrem Gasthaus auch mit Bier?
Ja, aber das ist nicht so einfach. Man kann natürlich schöne Bierschnitzel machen, die Panade mit Bier ansetzen oder Fisch im Bierteig zubereiten, das gibt eine schöne knusprige Hülle. Biersoßen sind dagegen etwas schwieriger abzuschmecken, da der Hopfen im Bier die Soße meistens zu bitter macht. Deswegen verwenden wir für die Soßen kein fertiges Bier, sondern stellen selber eine Vorwürze her – ohne Hopfen, nur mit geschrotetem und gekochtem Malz. Oft kann Bier eine klassische Zutat ersetzen, dann bekommt man einen überraschenden, neuen und guten Geschmack. Etwa beim Bieramisu, ein Tiramisu, bei dem der Löffelbiskuit in ein aromatisches Franziskaner Royal getaucht wird statt in Kaffee und Likör.

Und als Speisebegleitung – schmeckt Bier denn zu den Gerichten so gut wie Wein?
Oft ist Bier sogar die bessere Wahl! Zum Beispiel bei Cremesuppen, die sind für Wein meist zu intensiv. Da schmeckt ein Franziskaner Naturtrüb mit seinen süßlichen Fruchtnoten viel besser.


„Bier ist ein sehr vielfältiges Getränk“

Ist denn ein ganzes Menü nur mit Bier nicht zu eintönig?
Überhaupt nicht. Bier ist ein sehr vielfältiges Getränk. Schon als Aperitif kann man ein Bier-Mixgetränk servieren, etwa ein Pils mit Sekt oder ein Indian Pale Ale mit Aperol. Als Digestif zum Abschluss eignet sich zum Beispiel ein fassgelagertes starkes Bier wie Eisbock, das hat schon fast ein bisschen die Anmutung von Whisky.

Gibt es für die Kombination von Bier und Speisen eine Faustregel?
Entweder man wählt bewusst einen aromatischen Gegenpunkt zur Speise – oder man sucht etwas, das die Aromen des Gerichts noch verstärkt.

Wie wäre zum Beispiel ein typischer Fahrplan für ein Biermenü?
Beginnen würde ich zum Beispiel mit einem alkoholfreien Bier, das löscht gut den Durst und ist eine gute Einstimmung auf die folgenden Gänge. Dann könnten Salate und salzige Vorspeisen folgen, dazu passt Pils und zu Sülze zum Beispiel ein Helles. Suppen begleitet sehr gut naturtrübes Weizenbier. Dann kämen wir zu Fisch. Hier ist wie immer die Zubereitung wichtig. Saiblinge, Lachsforellen, auch Fisch unter der Kräuterkruste benötigen ein kräftigeres Bier, vielleicht ein Märzen, ein Festtagsbier wie das Franziskaner Royal; generell ein guter Partner ist ein klares Weizenbier wie das Franziskaner Kristall, das eine pointierte Kohlensäure hat. Geflügel kann gut ein helles Weizenbier kombinieren – nicht zu hopfenbetont. Bei den Hauptgerichten wie Rindfleisch serviere ich gern Dunkelbiere oder Schwarzbier, zu Tafelspitz passt schön ein Altbier. Hier ist auch das Franziskaner Royal ein vielseitiger Partner, mit den Noten von Honigmelone, Marille, Aprikose und Feigen, es kann auch gegrilltes Steak gut begleiten. Bei den Desserts können die stärkeren Bockbiere punkten.

Schmeckt Bier denn auch zu Käse?
Unbedingt, besser als Wein. Zu Gouda schmeckt gut Festbier, naturtrübes Weizenbier, Weizenbock, zu Schimmelkäse wie Roquefort dunkler Stout, Porter, zu reifem Camembert Indian Pale Ale oder belgisches Triplebier.

Falls ich es zu Hause nachprobieren möchte, worauf soll ich achten?
Man sollte stets aufsteigend verkosten, mit einem alkoholfreien beginnen, dann zu naturtrübem und danach kristallklarem Weizenbier übergehen und an den Schluss die starken und dunklen Biere setzen wie Schwarzbier oder Bockbier.


„Mit meiner offenen, persönlichen Art konnte ich mich gegen die Konkurrenz durchsetzen“

Wie wird man eigentlich Biersommelier-Weltmeister?
Man benötigt viel Fachwissen und muss sich gegen 49 andere Kandidaten aus Österreich, Deutschland, Italien, Brasilien und den USA durchsetzen. Nach schriftlichen Tests folgt eine sensorische Prüfung mit 20 Bieren, da müssen Sie die Fehler („off-flavours“) erkennen, außerdem müssen Sie die Biere den Stilen zuordnen, also zum Beispiel Lager oder Festbier. Die Krönung des Wettbewerbs ist das Finale mit den besten sechs Kandidaten. Wir stehen vor viel Publikum auf einer Bühne, es wird eine Gasthaus- Szene simuliert, und wir beschreiben das Bier und empfehlen dazu eine Speise.

Waren Sie aufgeregt bei Ihrem Finale?
Unheimlich. Ich hatte einen Mordsfrosch im Hals und musste erst einmal Zeit gewinnen, also brachte ich einen kleinen Gag: Ich hatte ein ungewöhnliches regionales Bier im Glas und sagte dazu: „Dies gibt es in einem kleinen Gasthaus in Oberösterreich, in Aigen im Mühlkreis wird es ausgeschenkt“… mein eigenes Gasthaus natürlich, und da habe ich schon mal Lacher auf meiner Seite gehabt und konnte mich auf das Bier konzentrieren. Mit meiner offenen, persönlichen Art und dem Wissen, das ich als Sommelier habe, konnte ich mich 2009 gegen die Konkurrenz durchsetzen.

Was folgte dann, als Sie Weltmeister geworden waren?
Tatsächlich ein unglaublicher Hype. Ich bin ja immer noch Biersommelier, aber seit der WM ist mein Job viel internationaler geworden. Im Sommer reise ich nach Japan, um Bierkurse zu geben, und bin mindestens einmal in der Woche unterwegs. Nur am Wochenende, da gehört meine Zeit der Familie und dem Biergasthaus.

Karl Schiffner hat mit Sepp Wejwar zusammen ein Buch geschrieben – BIER KOMBINIERT.
Auf 128 Seiten teilt der Biersommelier-Weltmeister von 2009 seinen Wissensschatz.

Interview: Kersten Wetenkamp, Fotos: Dominik Gigler